Zur Siegel- und Wappengeschichte der Stadt Elmshorn



Heraldische Studie von Karl Demmel, erschienen im Juli 1926 in „Aus der engeren Heimat“


„Das Wappen ist der nach bestimmten Regeln geformter bildlicher Ausdruck für eine Person oder Gemeinschaft. Rascher als geschriebene Worte es vermöchten, erweckt das Wappen dem Kundigen die Vorstellung vom Besitzer seines Wappens, dem Wappenherrn“, so schreibt der berühmte Heraldiker Professor Otto Hupp, dem diese Studien hauptsächlich zu Grunde liegen. Der Wappenherr ist in diesem Falle die schleswig-holsteinische Stadt. Der Unterschied vom Adelswappen liegt darin, dass die Städte auf ihrem Wahrzeichen keinen Helm führten. Ausschlaggebend für die heutige Wappenbildung sind die Urkunden, vielmehr deren Siegel gewesen, aber „so einfach wie bei den höchsten geistlichen oder weltlichen Gewalten, die hier kurzerhand ihr eigenes Bildnis hineinsetzten, war die Füllung des Siegelfeldes bei den Städten nicht, denn hier fiel das persönliche Moment (wie bei den  Adelswappen! Der Verf.) weg, und mit armseligen Schriftzeichen, wie sie unsere Kaufleute in ihre Siegel setzen, hätten die bilderfrohen Vorfahren sich nicht begnügt.“ Man nahm mit Vorliebe Tore, Türme oder Mauerkränze, manchmal auch die Kirche oder deren Schutzheilige in die Siegelfelder hinein. Reichsstädte nahmen das Bild des Kaisers oder ihres Landesherren. Die alten Wachssiegel, die uns zum Teil erhalten sind, waren ungefähr zehn  bis zwölf Zentimeter groß. Als nun die Verwaltung der städtischen Kommunen mehr Schreibereien erforderte, verkleinerte man die Siegel entsprechend. Man hatte damals das große Ingesiegel, später das Secretum, ein etwas kleiner geformtes Siegel, und für weniger wichtige Sachen das Signetum. Alle zeigen aber möglichst das gleiche Siegelbild, nur wo das Hauptsiegel zu viel Bildwerk enthielt, begnügte man sich auf die Secreten und Signeten mit einem Ausschnitt des Bildes.

Wer diese Siegel und Wappen ihrer Bildform nach gestaltet hat, wissen wir nicht. Jedenfalls aber stehen manche Wappenzeichen mit der Geschichte des Ortes im Einklang. Wer mit der Heimatgeschichte vertraut ist, kann deutlich herauslesen, was diese Zeichen bedeuten. Aus der Farbe des späteren Wappens formte man sich dann auch die Stadtfarben. Und zwar bildete  immer die Farbe der Figur im Wappen die erstgenannte, dann erst folge die Farbe des Schildes.

Die schleswig-holsteinischen Städtewappen sind von verschiedenen Heraldikern in Buchform etc. bearbeitet worden. Es können naturgemäß nicht alle diese Schriftsteller und Einzelabhandlungen angeführt werden. Aus alter Zeit stammt bekanntlich die Einteilung Schleswig-Holsteins in Harden und Kirchspielen, was durch die physikalische Beschaffenheit des Landes bedingt ist. Jedes Kirchspiel bildete für sich einen Gemeindebezirk, der aus verschiedenen Dörfern und einzeln liegenden Höfen bestand. Mehrere Kirchspiele wieder vereinigten sich in einer Harde. Auf die weitere Einteilung können wir nicht eingehen, uns genügt es hierbei, dass die Länderstriche mit ihrem eignen Siegel ihre Urkunden bekräftigten. – Das älteste schleswig-holsteinische Wappenwerk hat wohl Heinrich Rantzau, Herr auf Breitenburg (1526-1589) verfasst. Auf Rantzaus Unterstützung erschienen auch die bezüglichen Werke von Elvervelt und Angelus. Wertvolles heraldisches Material erhalten ferner, von Westphalen: “Monumenta inedita“ (1739-1745), Mejer: „Landesbeschreibung beider Herzogtümer“ mit dem Text von Danckwerth (1652), Dahlmann: „Dithmarscher Chronik des Neocorus“, Bolten: „Dithmarscher Geschichte“ (1781-1788), die Urkundensammlung der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen Gesellschaft für vaterländische Geschichte, und mit als Hauptwerk die „Siegel des Mittelalters aus dem Archiv der Stadt Lübeck“ (Text von Milde und Masch, 1856-1879). Vergessen werden darf auch nicht die bedeutende Siegel-Sammlung des bekannten Münzforschers Professor Dr. Kirmis. Auf den alten Streit um das holsteinische Nesselblatt soll hier nicht eingegangen werden, jedenfalls finden wir dasselbe auf den meisten Städtewahrzeichen. Damit wollen wir es genug sein lassen, obwohl noch eine Reihe von Quellenbüchern aufgeführt werden könnte. Die Hauptarbeit hat schon der oben erwähnte Prof. Hupp geleistet. Auf Hupps Forschungen wollen wir hier nun ein Stück volkstümlicher Wappenkunde treiben. Letzten Endes ist dies auch für manchen Uneingeweihten ein Beitrag, um manche historische Zusammenhänge des eigenen Heimatlandes besser begreifen zu lernen. Und für den Uneingeweihten braucht wohl nur noch kurz bemerkt werden, dass der Wappenforscher links und rechts umgekehrt unterscheidet, also immer von der Seite, wie evt. der Herold einer Burg  oder einer Stadt vor ihm im wappengeschmückten Rock stehen würde.

Elmshorn ist bekanntlich ein sehr junges städtisches Wesen, denn  erst 1870 bekam es Rechte als Stadt. Aus der Siegelgeschichte wissen wir, dass sich die Ortsbehörde und Polizeiverwaltung „nur des einfachen, mit dem von Silber und Rot geteilten Mittelschilde belegten Nesselblattes“ bedienten. 1878 bekam man dann den Fluss, die Krückau, in das untere Siegelfeld. In der oben erwähnten Sammlung Kirmis finden sich diese Regesten aus den Magistratsakten über das Stadtwappen vor: „1877, Mai 17. schreibt Herr von Weißenboch, dass die Stadt nicht berechtigt sei, ohne weiteres das Nesselblatt zu führen und schlägt Änderungen vor: “Elms-Ulme, Horn-Winkel“. Daraufhin nahm der Magistrat die Flusskrümmung in den Schild. Das damalige Wappen lautete in die heraldische Sprache übersetzt so:

“In Rot das silberne Nesselblatt, belegt mit einem Schilde, darin unter silbernen Schild in Rot ein in Form eines stumpfen, nach unten offenen Winkels gebogenen blauen Fluss.“

Am 30. Juni 1897 fragte der Regierungspräsident an, wer die Stadt zur Führung dieses Wappens berechtigt hätte. Daraufhin wurde verfügt, statt des Wappens den Amtsadler zu führen. Am 10.März wurde ein Erlass des Regierungspräsidenten bekannt, wonach der Stadt Elmshorn laut einem Gutachten des Heroldsamtes die Führung nicht gestattet werden könnte.

Seit 1903 wird nun das Wappen geführt, das auf magistratliche Auskunft in folgenden Zeilen beschrieben wird:

„Die Stadt Elmshorn führt das Nesselblatt als Wappen seit 1903 nicht mehr. Die Führung dieses Wappens ist untersagt, weil die Berechtigung zur Führung nicht nachgewiesen werden konnte. Am 25. November 1903 ist für die Stadt Elmshorn ein neues Wappen genehmigt. Das genehmigte Wappen ist 13½ cm hoch, zeigt oben eine 4cm hohe altertümliche Städtemauerkrone mit 3 Türmen, darunter ein in einem roten Schilde auf blauen Wellen segelndes silbernes dreimastiges Schiff. Das Schiff weist auf die blühende Schifffahrt Elmshorns hin. Es soll besonders die Erinnerung festhalten an die Grönlandfahrer und an die weit über Schleswig-Holsteins Grenzen hinaus berühmt gewordene „Flora“, die derart stark gebaut war, dass schließlich Pioniere sie sprengen mussten, als sie endlich abgetakelt im Hamburger Hafen zu Wohnzwecken diente. Die Flora war ein Schiff, das dem Walfischfang diente. Das Schiff ist von dem Heraldiker Professor Hildebrandt, Berlin, entworfen.

Abschrift von Arno Freudenhammer